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Psychotherapie-Ausbildung in Stuttgart 

Die Gesprächspsychotherapie: Der personenzentrierte Ansatz

„Es ist im Leben sehr selten, dass uns jemand zuhört und wirklich versteht, ohne gleich zu urteilen. Dies ist eine sehr eindringliche Erfahrung.

„Jeder Mensch hat eine zielgerichtete Tendenz zur Ganzheit, zur Verwirklichung seiner Potenziale. Diese mächtige konstruktive Tendenz ist das eigentliche Fundament des personzentrierten Ansatzes.

Carl. Rogers, Der neue Mensch, 1983

Der personenzentrierte Ansatz (Früher: Klientenzentrierter Ansatz) wurde von dem amerikanischen Psychologen Carl R.Rogers (1902 - 1987) aus seiner psychotherapeutischen und pädagogischen Arbeit mit Erwachsenen und Kindern herausentwickelt: Im Mittelpunkt von Psychotherapie und Beratung steht für ihn die Person - nicht das Problem. Menschen erfahren und lernen in Psychotherapie oder Beratung, ihre verborgenen Fähigkeiten zu entwickeln und eigenständig Lösungen für ihre Probleme zu finden.

Der Mensch wird als einzigartige, eigenverantwortliche, selbstbestimmte Person und als Experte für sich selbst angesehen und zugleich als soziales Wesen, das seine Identität nur in Begegnung und im Austausch mit Anderen, also in Kommunikationsprozessen gewinnen und aufrechterhalten kann.

Auf der Basis dieses Menschenbildes entwickelte Rogers drei Grundprinzipien für die professionelle Beziehungsgestaltung, die als notwendige Bedingungen einer relevanten und nachhaltigen Selbstentwicklung notwendig sind und somit auch die entscheidende Haltung für Beratungsprozesse seitens des Beraters, darstellen:

  • die Person des Anderen mit all ihren Gefühlen, Einstellungen und Ideen in ihrer Einzigartigkeit wahrzunehmen, sowie vorbehaltlos und wertfrei ernst zu nehmen (Akzeptanz)
  • die subjektive Wirklichkeit des Anderen emotional und kognitiv präzise zu erfassen und zu verstehen (Empathie)
  • als Person für den Anderen erfahrbar zu werden, d.h. eigene Gefühle und Gedanken zu erkennen und in ihren wichtigen Anteilen dem Gegenüber transparent zu machen (Kongruenz)

Eine so gestaltete Beziehung ermöglicht es dem Klienten, sich selbst besser zu verstehen und zu akzeptieren: der zu werden, der er in Wahrheit ist… Die „Kraft der Beziehung“ (Rogers) hat zentrale Bedeutung. Das Entstehen einer förderlichen Beziehung ist für den Erfolg psychotherapeutischer Arbeit und Beratung entscheidend. Es schafft die Grundlagen, dass Menschen Wachstumskräfte entfalten und Probleme (Symptome) aus eigener Kraft heraus, besser bewältigen können.

Über das Therapiekonzept hinaus haben die Gedanken und Konzepte von Rogers grundsätzliche Bedeutung für alle zwischenmenschlichen Beziehungen. Entsprechend fanden seine Ideen und Erkenntnisse Eingang in die beratende und in die pädagogische Arbeit. Der personenzentrierte Ansatz bildet eine Grundlage für alle psychosozialen Tätigkeitsfelder (z. B. soziale Arbeit, Erziehung, Gesundheitswesen). Auch für Wirtschaft und Politik wird der Ansatz immer bedeutsamer, in denen menschliche Haltungen und Werte, wie Achtsamkeit, gegenseitige Wertschätzung, konstruktive Zusammenarbeit, Entfaltung wirklicher Teamfähigkeit, Selbstwirksamkeit, Entscheidungsfreiheit und Einsatz für den Frieden, eine besondere Rolle spielt.

Rogers Auffassung von der Pädagogik und vom selbst bestimmten und selbst entdeckendem Lernen hat zunehmend Einfluss in Erziehung und pädagogische Handlungsweisen gewonnen.

„Selbst initiiertes Lernen, das die ganze Person des Lernenden – seine Gefühle wie seinen Intellekt – mit einbezieht, ist am eindringlichsten und in seinen Ergebnissen am dauerhaftesten.
Carl Rogers, 1974, Lernen in Freiheit

Auch die Werke des Rogers Schülers Thomas Gordon, der den Begriff der Ich-Botschaften geprägt hat, haben im deutschen Sprachraum große Bedeutung gewonnen. Seine Bücher „Familienkonferenz und „Lehrer-Schüler-Konferenz, „Managerkonferenz gehören zu den Standardwerken für den pädagogisch/psychologischen Bereich. Thomas Gordon hat die personzentrierte Haltung als Lösungsweg für schwierige Gesprächs- und Konfliktsituationen beschrieben (nicht verletzende Konfrontation).

Auch Friedeman Schulz von Thun (Schüler von Reinhard Tausch), der sich mit grundlegenden Fragen der zwischenmenschlichen Kommunikation befasst (Modell der Vier-Seiten-einer-Nachricht bzw. Kommunikationsquadrat, Modell des „Inneren Teams etc.) hat seine Wurzeln im personzentrierten Ansatz.

Ganz generell geht der personzentrierte Ansatz weit über die oben aufgezählten Anwendungsfelder hinaus. Er ist mit seinen klaren Forderungen, wie zwischenmenschliche Beziehungen gestaltet werden sollten, eine umfassende kulturelle und politische Botschaft. (aus: Prospekt der GwG: Gesellschaft für wissenschaftliche Gesprächspsychotherapie: Stärken stärken)

Ergänzend ist zu sagen, dass sich der personenzentrierte Ansatz im Bereich des Coachings, des Managements, in großen Firmen und Institutionen u.a. unter dem Begriff der emotionalen Intelligenz, immer größerer Bekanntheit und Wertschätzung erfreut.

Generell gewinnt der Ansatz dort immer mehr an Bedeutung, wo Werte wie Achtsamkeit und Wertschätzung des Anderen in einer Begegnung und Beziehung als wichtig erachtet werden.

„Nicht ‚Experten‘ sind gefragt, sondern feinfühlige und offene Menschen. Nicht ‚Helfer‘, die sich anmaßen, es besser als andere zu wissen und daher Ratschläge gebe zu können, sondern Menschen, die bereit sind, sich ganz auf die Welt eines Anderen einzulassen, die versuchen, ihn zu verstehen und zu begleiten, und die dabei selbst bleiben, was sie sind: Suchende, verletzliche, um das Gelingen des eigenen Lebens ringende Mitmenschen.“ 
Peter F. Schmid (www.vrp.at)

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